Produktspende für Kenia

Famulaturbericht Kenia

Schon lange war uns klar, dass wir nach dem Examen nicht sofort ins Berufsleben starten wollten. Wir wollten viel lieber in einer Famulatur Arbeit und Urlaub verbinden, wobei wir unsere Fähigkeiten erweitern und dabei gleichzeitig die Menschen vor Ort unterstützen wollten. Noch während unseres Staatsexamens …

begann die Planung unseres Famulaturaufenthalts. Nach langem Überlegen entschieden wir uns für die Organisation „Dentists for Africa“ in Kenia, da diese uns mit langjähriger Erfahrung und guter Organisation überzeugt hatte. Bevor es losgehen konnte war noch vieles zu erledigen. Wir entschieden uns für den Zeitraum März/April 2018 und auf Empfehlung der Organisation für den Einsatzort Kisii. Dentists for Africa stellte uns einen sehr ausführlichen Leitfaden zu Verfügung und vermittelte den Kontakt zwischen Sister Fabian, der kenianischen Zahnärztin vor Ort, und uns. Im Dezember 2017 buchten wir unsere Flüge und unsere anschließende Safari mit einem ortsansässigen Reiseunternehmen für die letzten 9 Tage. Sobald wir unsere offizielle Famulaturbescheinigung von Dentist for Africa erhalten hatten, konnten wir den Fahrtkostenzuschuss von 350 Euro beim DAAD beantragen (genaue Anleitung beim zahnärztlichen Austauschdienst unter www.zad-online.com). Leider reichte der Betrag nicht annährend zur Deckung unserer Fahrt- und Flugkosten aus, trotzdem haben wir uns sehr darüber gefreut. Zeitgleich starteten wir mit dem Spendenaufruf bei zahlreichen Firmen für Dental- und Medizinprodukte. Aus dem Leitfaden der Organisation konnten wir eine Liste der am meisten benötigten Materialien entnehmen und zusätzlich informierten wir uns bei Sister Fabian über die Situation in Kisii. Das Spendensammeln war sehr zeitintensiv, konnte hin und wieder frustrieren durch Absagen oder fehlende Rückmeldung, aber machte umso mehr Spaß, wenn Firmen uns großzügig unterstützten und unsere Begeisterung für dieses Projekt teilten. Insgesamt haben wir 82 Firmen kontaktiert, wovon uns 24 eine Spende zusagten. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen unseren Sponsoren (siehe unten) für die großzügige Unterstützung, die nicht nur uns, sondern auch die Kenianer vor Ort sehr glücklich gemacht hat. Wir ließen uns beim Reisemediziner beraten und erstellten einen Impfplan, außerdem tauschten wir Kenia-Schilling und 50 Dollar (für das Visum) um. Wir vervollständigten unsere Ausstattung mit Stirnlampen, Powerbanks, Moskitonetze, Hüttenschlafsäcken, Nackenkissen (Empfehlung fürs Flugzeug und jede Offroad-Safari NoBite, Sonnencreme und wasserdichten Packbeuteln als Ersatz für Plastiktüten (Einfuhrverbot in Kenia). Schließlich war es soweit und wir starteten im Auto mit viel Gepäck Richtung Frankfurt. Jedes Gramm unserer 4x 23kg Gepäck und 2x 12kg Handgepäck waren ausgereizt, vor allem mit Materialspenden. Gerne hätten wir die gesamten Spenden transportiert, aber die Fluggesellschaft genehmigte uns leider kein weiteres freies Gepäckstück. Die zurückgebliebenen Spenden werden noch diesen Sommer mit anderen Materialien und Geräten in einem großen Frachtcontainer von Dentists for Africa nach Kenia gebracht. Von Frankfurt aus flogen wir nach Amsterdam, weiter nach Nairobi und letztendlich nach Kisumu. Wir hatten unsere Spenden nicht extra beim Zoll angemeldet, sondern reisten mit dem offiziellen Materialspendenzertifikat von Dentists for Africa. In Nairobi wurden wir tatsächlich vom Zoll kontrolliert, jedoch wurde nur nach Geschenken gefragt. Wir öffneten ehrlich einen der 4 Koffer, der nur Kleidung und ein paar wenige Gastgeschenke beinhaltete. Damit war die Dame vom Zoll zufrieden und wir durften passieren.

Am Flughafen in Kisumu empfingen uns Sister Lawrencia und Vincent, ein Fahrer, bereits sehr herzlich. Der Weg zum Krankenhaus dauerte länger als die angekündigten zwei Stunden, da typisch für die Kenianer unterwegs sämtliche Erledigungen getätigt und weitere Passagiere eingesammelt und abgesetzt wurden. Die kenianischen Straßen sind sehr gewöhnungsbedürftig, denn sie verfügen über tiefe Schlaglöcher und viele Bremsschwellen. Auf nicht asphaltierten Straßen ist der Zustand noch schlechter. (Funktionierende) Anschnallgurte sind außerdem eine Rarität. Wir erreichten unseren Zielort, das Christamarianne Mission Hospital, wo wir im Gästehaus auf dem Krankenhausgelände untergebracht waren. Für zwei Wochen wohnten auch zwei Humanmediziner mit uns im Gästehaus, die ebenfalls über Dentists for Africa eine Famulatur absolvierten. Das Haus ist einfach gehalten. Es hat 3 Schlafzimmer mit angrenzenden Badezimmern, einen Aufenthaltsraum mit Gemeinschaftskühlschrank und eine kleine Küche mit Herd, Mikrowelle, Toaster und Wasserkocher sowie eine kleine Terrasse. Die Verpflegung erfolgte durch zwei sehr nette Köche, Gilbert und Simon, die jeden Tag ihr Bestes gaben um unsere Wünsche zu erfüllen.

 

An Essen mangelte es nie, auch Trinkwasser wurde uns zur Verfügung gestellt. Für Verpflegung und Unterkunft entrichtet man einen Unkostenbeitrag von 1000 KES pro Tag an das Krankenhaus. Sister Lawrencia war jederzeit für uns entweder im Büro oder im Konvent erreichbar. Wir konnten uns mit allem an sie wenden und informierten sie stets über unser Verlassen des Krankenhausgeländes. Sie organisiert das zentrale Materiallager von Dentists for Africa in Kenia und ist außerdem zuständig für die Digitalisierung der Krankenhausakten von HIV-Patienten, mit welchen sie kaum hinterherkam. Im Monat Februar waren es 1557 neu registrierte HIV-Fälle. Durch den Leitfaden waren wir aber gut informiert und statteten uns vorher mit Doppelhandschuhsystemen, Schutzvisieren und Mundschutz aus. Das Krankenhaus verfügt im Notfall über die HIV-Postexpositionsprophylaxe. Die RWTH Aachen konnte uns diese auf Anfrage nicht zur Verfügung stellen. Unser Arbeitsalltag startete um 9.00 Uhr, gegen 13.00 Uhr gab es eine Mittagspause und gegen 16.00 Uhr schloss die Dental Clinic. Mit uns arbeitete die gesamte Zeit Davine, eine Zahnarzthelferin in Ausbildung, die uns sehr ans Herz gewachsen ist, und teilweise Sister Fabian, die kenianische Zahnärztin. Zum weiteren Team gehörten zwei Dental Health Worker (Jeal und Tony) im Praktikum, zwei Zahntechniker (Sharon und Dickson) und Felix, der Medizintechniker. Die Dental Clinic besteht aus zwei Räumen mit je einem Zahnarztstuhl. Beide Räume haben eine ähnlich gute Ausstattung, sodass jegliche Behandlungen durchgeführt werden können. Es gibt außerdem ein kleines zahntechnisches Labor, in dem Prothesen hergestellt werden können. Wir legten sowohl Amalgam- als auch Kompositfüllungen, sowie GIZ- und Zementfüllungen. Auch konnten wir unser gespendetes 3D Matrizensystem anwenden. Zahnreinigungen wurden mit einem Ultraschallscaler durchführt und für Wurzelkanalbehandlungen stand uns ein Röntgengerät für Zahnfilme sowie einen Apex-Locator zur Verfügung.

 

Erschwert wird hin und wieder die Behandlung durch kurze Stromausfälle. Die häufigsten Behandlungen waren Extraktionen und Füllungen (bei Kindern). Dies liegt an den doch relativ hohen Preisen des Krankenhauses für anderweitige Behandlungen. Dentists for Africa übernimmt die vollständigen Kosten für Schulbesuche und mobile Einsätze und die anschließend notwendigen Behandlungen. Auch durften wir Teil eines solchen Schuleinsatzes in der Nyaura Primary School werden, in der wir Aufklärung betrieben und ca. 300 Schüler untersuchten, die wir bei Bedarf anschließend im Krankenhaus behandelten. Allgemein haben wir den Mundgesundheitszustand der Kinder schlimmer erwartet. In der Regel fanden wir pro Kind maximal 1-2 behandlungsbedürftige Zähne (Extraktion oder Füllung). Viele berichteten, dass sie keine Zahnbürste besitzen, sodass Sister Fabian einen weiteren Besuch plante, bei dem wir jedem Kind eine Zahnbürste mit Zahnpasta schenken durften. Dieses Erlebnis war absolut einzigartig und die Freude und Dankbarkeit der Kinder war sehr ergreifend. Die Behandlung der Schulkinder machte einen Großteil unserer Patienten aus. Die Kinder waren bei Behandlungen sehr tapfer und ertrugen jegliches Leid stillschweigend. Um einen Schuleinsatz erleben zu können, sollte man vorher seinen Einsatz mit den Schulferien der kenianischen Kinder abstimmen. Wir haben uns die Kommunikation mit den Patienten auf Englisch einfacher vorgestellt, da es sich um eine Landessprache handelt. Die Verständigung mit den Mitarbeitern im Projekt funktionierte auf Englisch sehr gut. Viele Patienten allerdings sprachen wir nur Kiswahili oder wenige Worte Englisch. Wir lernten also die wichtigsten Worte auf Kiswahili, was uns vieles erleichterte. Das Team übersetzte jederzeit gern für uns. Die Patientenklientel unterscheidet sich deutlich von uns bekannten deutschen Patienten. Es ist wenig sinnvoll Terminvergaben mit Uhrzeit zu erteilen, lediglich ein Datum wird meistens eingehalten. Dafür sind die Patienten sehr geduldig und erwarten nicht sofort dran zu kommen.

Grundsätzlich variiert das Patientenaufkommen sehr. Besonders bei Regenwolken oder tatsächlichem Regen hat man sehr wenige bis keine Patienten zu erwarten und ebenfalls der Freitag fiel meistens leer aus. Die große Unwissenheit führt dazu, dass Patienten erst viel zu spät zu einer Behandlung kommen und oft die Extraktion die einzige Möglichkeit bleibt, was das oft ausgeprägte Lückengebiss ebenfalls verdeutlicht. Uns ist immer wieder aufgefallen, dass die wenigsten wissen, dass man mindestens zwei Mal am Tag für 3 min Zähne putzen sollte. Wir hatten die Möglichkeit eine weitere Zahnstation in Asumbi kennenzulernen, wo sich auch das Mutterhaus der Franziskaner Schwestern befindet. Einen Tag lang behandelten wird dort vor allem Mädchen aus der angrenzenden High School. Wir wohnten im Gästehaus der Schwestern aufgrund eines Defekts leider ohne Strom und warmes Wasser. Mit so etwas muss man ab und an rechnen. Am Nachmittag bekamen wir eine ausführliche Führung durch das Dorf und seine Gebäude. Wir nahmen an einem weiteren mobilen Einsatz im Krankenhaus in Marani teil. Auf Plastikstühlen wurden vor Ort in einem Zelt reihenweise Zähne extrahiert. Hauptsächlich bei Erwachsenen, die sich eine Behandlung nicht leisten bzw. die nächste Zahnstation nicht erreichen können. Weitere Behandlungen wurden an das Krankenhaus in Kisii überwiesen. Außerdem durften wir Dr. Schinkel, den Gründer von Dentists for Africa kennenlernen. Er reiste unter anderem für ein Wochenendseminar an, bei dem wir alle von Dentists for Africa in ihrer Ausbildung Unterstützen kennenlernen durften. Wir konnten Einblicke in die Erfahrungen, Wünsche und Schwierigkeiten der Studenten erhalten. Zweck des Seminars war die Situation vor Ort zu optimieren und die Ziele der Organisation mit der Realität besser zu vereinbaren. In unserer Freizeit erkundeten wir die Anlage des Krankenhauses mit all seinen Tieren und Gemüsebeeten. Wir besuchten die Patientenküche und -bäckerei und ließen uns die Zubereitung kenianischer Spezialitäten (Mandazi und Chapati) zeigen. Am Ostersonntag besuchten wir einen Gottesdienst. Außerdem machten wir kleine Ausflüge zum Markt. Dort gab es ein vielfältiges Angebot an Obst und Gemüse. Sonstige Besorgungen erledigten wir im Supermarkt. Wir haben einige Kuchen gemeinsam mit unserem Koch gebacken, als Geschenk für die Sisters zu besonderen Anlässen. Diese haben uns oft zu sich zum Essen eingeladen, z. B. feierten wir gemeinsam Ostern und verabschiedeten Gäste wie die Humanmediziner und Dr. Schinkel. Am Nachmittag genossen wir oft die Sonne auf unserer Terrasse, zumindest bis zum nächsten Regenschauer. Der Wartebereich im Krankenhaus, in dem man schlechtes WLAN empfangen konnte, wurde ebenfalls zu einem häufigen Aufenthaltsort. Es ist wirklich lohnenswert sich eine Safaricom Sim-Karte für 200 KES zu kaufen und diese aufzuladen für 4G Internet (135MB für 50 KES für 7 Tage). Ein weiteres Highlight war der Frisörbesuch mit Davine, bei dem wir die afrikanische Kunsthaarflechtkunst bewundern konnten. Sie waren sehr überrascht, dass selbst wir Haare flechten können. Wir kamen auch auf das Angebot von Sister Lawrencia zurück, die uns einen Ausflug in den Kakamega Regenwald organisierte.

Der Regenwald und das Rondo Retreat Center sind wirklich ein lohnenswertes Ziel. Die Anlage ist wunderschön mitten im Regenwald gelegen und sehr erholsam. Wir bekamen durch Sister Lawrencia den Preis für Einheimische. Wir buchten zusätzlich zwei geführte Wanderungen, eine am Tag und eine zum Sonnenaufgang auf einen Berg. Sister Lawrencia schlug uns weitere Ausflugsziele zum Lake Victoria, Masai Mara oder Nakuru Nationalpark vor. Den Lake Victoria konnten wir aus Zeitgründen leider nicht sehen und eine Vielzahl an Nationalparks wurden durch unsere anschließende Safari abgedeckt. Wir können sehr empfehlen, sich für eine Safari Zeit zu nehmen, da man mit Geländewagen und Übernachtungen in den Nationalparks einfach viel mehr erleben kann. In unserer 9-Tage Safari besuchten wir den Masai Mara Nationalpark, den Lake Naivasha Nationalpark, den Ambosli Nationalpark und den Tsvao-West Nationalpark. Die Reise endete in Mombasa am Strand. Masai Mara hat uns wegen der Tiervielfalt besonders gut gefallen. Wir konnte die „Big Five“, bis auf das Nashorn, und viele weitere Tiere in ihrer natürlichen Umgebung erleben. Im Amboseli und Tsvao-West Nationalpark konnten wir außerdem den Kilimandscharo bestaunen und schöne Sonnenuntergänge genießen. Wir hatten eine wirklich unvergesslich schöne Zeit in Kenia. Die Kenianer sind immer offen und herzlich zu uns gewesen. Besonders die Sisters nahmen uns liebevoll in ihren Kreis auf und kümmerten sich sehr rührend um uns. Der Aufenthalt war eine besondere Bereicherung sowohl in persönlicher, als auch in beruflicher Hinsicht.

 

Wir haben unsere Zeit sehr genossen und bedanken uns nochmal bei allen, die uns dieses ermöglicht haben. Wir danken Dentists for Africa, unseren Familien und Freunden, dem DAAD, sowie den zahlreichen Sponsoren. Herzlichen Dank an unsere Sponsoren (in alphabetischer Reihenfolge): 3M Deutschland GmbH, Bausch GmbH, Busch & Co. GmbH, Clinic & Job Dress GmbH, Colente Group, Dentsply Detrey GmbH, Anton Gerl GmbH, Golf Toys GmbH, E. Hahnenkratt GmbH, Kulzer GmbH, Horico Dental Hopf, Ringlab & Co. GmbH, Hu-Friedy Mfg. Co., Ivoclar Vivadent GmbH, Karl Hammacher GmbH, Komet Dental/Gebr. Brasseler GmbH & Co. KG, Kuraray Europe GmbH, M+W Dental GmbH, MaiMed GmbH, MPS Dental GmbH, Nordiska GmbH & Co.KG, Polydentia SA, Romesco Handelsges.m.b.H, VOCO GmbH.

 

Asante sana Kenya!
Vielen Dank Kenia!

Kwaheri!
Auf Wiedersehen!

von Anna & Kyra